Es hat die letzten Tage nicht weiter geschneit, aber es ist nun zapfig kalt. Die Temperaturen schwanken von knapp unter 0 bis zu -13 Grad. Der Schnee knirscht, die Straße ist sehr glatt. Gelegentlich kann ich da meinen Schlitten ausprobieren, aber so richtig toll wie ich mir das vorgestellt hatte, ist das Schlittenfahren nicht. Egal, Hauptsache draußen!
Die Brunnenbohrer wollten eigentlich schon im August kommen. Das hat leider nicht geklappt und nun hat es sich verzögert bist Oktober. Auch da ist es dann schief gegangen, nun wollten Sie letzte Woche oder Anfang dieser Woche kommen. Dienstag ist ja noch "Anfang der Woche". "Zwischen 11 und 12" ist dann Punkt 12, bis die Bohrmaschine vom Anhänger fährt. Mr. Brunnen muss aber gleich wieder fort, weil am Begleitfahrzeug ein Rad gebrochen ist. Etwa 2 Stunden später geht es dann wirklich los! Bei eisigem Ostwind fühlt sich die Temperatur nach -15 Grad an - die Jungs haben sich wirklich den allerkältesten Tag für meinen Brunnen ausgesucht. Aber so läuft das ja bei mir immer - einfach kann ja jeder!
Es ist sehr interessant, wie das alles bei Dunkelheit und eisigen Temperaturen dennoch funktioniert. Zuerst wird mit einem großen Durchmesser gebohrt und gleichzeitig ein Rohr in den Boden getrieben - 3 m tief. Björn (Mr. Brunnen) bohrt leicht schräg vom Meer weg, er wird schon wissen warum! Er hat mit der Wünschelrute eine Wasserader gefunden und ich bin guter Hoffnung, dass wir die auch mit dem Bohrer recht schnell treffen. Der LKW ist noch mit einem riesigen Kompressor beladen, der den Staub aus dem Bohrloch ausbläst.
Nachdem das Rohr bis ein kurzes Stück im Boden versenkt ist, tauscht Björn den Bohrer aus. Mit kleinem Durchmesser (ich schätze 10 cm) geht es nun rasch in die Tiefe. Der Bohrer hämmert, Der Kompressor arbeitet und das Bohrgut bläst aus einem dicken Rohr Richtung Berg. Nun taucht auch der zweite Mann mit dem reparierten Lieferwagen auf. Nach jeweils 3 m muss eine neue Bohrstange eingesetzt werden.
20 m. Es ist kalt. Die Jungs haben sicher professionelle Kleidung an, ich bin zwar auch warm angezogen, aber ich erstarre dennoch fast zu Eis. Aber ich will dabei bleiben! 30 m. Der zweite Kollege holt die Pumpe und bereitet sie vor. 40 m. Noch kein Wasser. Es gibt eine Internetadresse, wo alle Brunnen in Norwegen verzeichnet sind. Dort ist auch die Bohrtiefe angegeben. Ragnars Brunnen ist 69 m tief, Björnars nur 55 m, obwohl seine Hütte höher liegt. Tronds Brunnen ganz oben auf dem Berg wird mit 110 m angegeben. Ich bin zuversichtlich. 50 m. Gegen die Kälte fangen wir an, etwas herumzuhüpfen. Vielleicht hilft der Regentanz ja? Bei 70 m werden wir endlich fündig! Ganz schön tief! Das herausgeblasene Wasser verleiht dem Abluftrohr einen ordentlichen Rückschlag und es macht sich leider selbständig. Dabei ergießt sich der geförderte Schlamm in unsere Richtung - schnell bringe ich mich in Sicherheit in der Werkstatt. Die Jungs fangen den Schlauch wieder ein und fixieren ihn mit einem Stahlseil. Björn bohrt noch etwas tiefer, bis er sicher in der Wasserader angekommen ist. Mit Pressluft wird auch danach noch das Bohrloch beschickt und drückt nun Wasser, Schlamm und Staub heraus.
Der Bohrer wird nun Stück für Stück wieder herausgezogen - man merkt den Jungs die Erfahrung an. Im Akkord wandern die Bohrstangen in die Höhe. Klack - eine hydraulische Zange fixiert sie und Björn löst per Fernsteuerung das Gewinde. Der zweite Mann schnappt sich die 3 m lange Stange und schichtet sie in den Vorratsbehälter.
Dann kommen noch die Nacharbeiten. Das Grundwasser scheint ordentlich unter Druck zu stehen, denn es drückt unaufhaltsam aus dem Rohr. Daher bohrt Björn ein Überlaufloch auf der einen Seite. Auf der anderen Seite wird der Anschluss für die Pumpenleitung gelegt. Die Pumpe ist bereits mit einem langen Kabel und einem Plastikrohr verbunden, die etwa jeden Meter mit Isolierband verbunden werden, während die Pumpe weiter und weiter in die Tiefe sinkt. Deckel drauf - fertig!
Kurz vor 7 Uhr abends verabschieden sich die Beiden und verladen Ihre Werkzeuge. Ich stülpe noch ein Regenfass zum Schutz über den Brunnen und ziehe mich schnell in die warme Stube zurück. Das war ein Abenteuer! Zur Belohnung gibt es nun noch einen ganzen Himmel voller herrlichem Polarlicht - ist das schön hier!!!